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<strong>Womit fährt künftig mein Pkw: Öko-Strom, Sonne, grüner Wasserstoff, Bio-Kraftstoffe, Bio-Gas oder synthetische Kraftstoffe?</strong>

Womit fährt künftig mein Pkw: Öko-Strom, Sonne, grüner Wasserstoff, Bio-Kraftstoffe, Bio-Gas oder synthetische Kraftstoffe?

von Miriam Buchmann

Solarzellen auf dem Auto, Abfälle für den Tank, fliegende und fahrerlose Autos? Vieles, was früher Science Fiction war, ist heute auf die eine oder andere Weise machbar. Doch wie weit sind wir momentan auf dem Weg zum Ideal eines Autos, das nichts verbraucht, nichts auspufft, leise und sauber ist, keine Staus verursacht und so gut wie keinen Platz braucht?

Noch immer, wenn auch abnehmend, ist das Auto das Fortbewegungsmittel Nr. 1 auf unseren Straßen. Inzwischen steigt zwar der Anteil alternativer Antriebe in jedem Jahr – doch noch lange nicht stark genug, um den Klimawandel aufzuhalten, Stickoxide in Städten zu senken und nachhaltig Ressourcen zu schonen. Zwei Maßnahmen auf den Straßen sind daher gefragt: ein Umstieg auf alternative umweltschonende Antriebe und insgesamt weniger Kraftfahrzeuge.

Bereits in Serienfertigung oder noch in der Diskussion gibt es im Groben zwei  Antriebsalternativen zu herkömmlichen Diesel- und Benzinmotoren: entweder der elektrische Antrieb, gespeist durch Öko-Strom, die Sonne oder grünen Wasserstoff oder aber umgerüstete Verbrennungsmotoren, gespeist durch Bio-Kraftstoffe oder Bio-Gase, synthetisch oder aus Biomasse hergestellt. Sie alle sind auf ihre Art vielversprechend, haben jedoch einen unterschiedlichen Entwicklungsstand und bringen ihre spezifischen Vor- und Nachteile mit sich. Vermutlich wird es einen Mix aus allem geben – was für den Pkw nicht praktikabel ist, punktet vielleicht bei Langstrecken mit Lkw, Schiff oder Flugzeug.

Zudem gibt es ambitionierte Konzepte, künftig die Mobilitätsalternativen so attraktiv auszubauen und miteinander zu kombinieren, dass sie den Besitz eines eigenen Autos überflüssig machen – von Carsharing und Ride Hailing über Taxi, Bus und Bahn hin zu Fahrrädern, E-Bikes, E-Lastenrädern, E-Scootern und eventuell auch ganz neu hinzukommenden Modellen. In Zukunft flexibel und multimodal einsetzbar und kombiniert mit autonom fahrenden oder fliegenden Shuttles (siehe hierfür unseren Artikel „Leise, shared, emissionsfrei, autonom, multimodal – wie sieht die Mobilität der Zukunft aus?“)

Elektro – leise und emissionsfrei, wenn Ökostrom

Am bekanntesten unter den zukunftsträchtigen Pkw ist wohl das batteriebetriebene E-Auto, mit dem schon Millionen von Menschen weltweit emissionsfrei und nahezu geräuschlos unterwegs sind. Vorteile gibt es viele: E-Autos sondern beim Fahren lokal keine Emissionen ab und verursachen auch keine bei der Stromerzeugung für die Batterien, sofern der Strom aus regenerativen Energiequellen wie Wind oder Sonne stammt. Zudem haben sie einen hohen Wirkungsgrad. Das heißt, dass sie Energie sehr viel effizienter in Bewegung umsetzen als Benziner oder Diesel. Und für Kurzstrecken sind sämtliche Modelle mittlerweile alltagstauglich. 

Auch wenn anfängliche Probleme wie eine zu geringe Reichweite der Akkus mittlerweile immer seltener werden, gibt es je nach Ladetechnik des Modells aber noch größere Unterschiede in der Ladeleistung. Bei einigen Modellen können zeitraubende Ladepausen auf langen Strecken noch zur Geduldsprobe werden . Zudem sind beim Lithium-Abbau, bei der Produktion der Batterien und beim Recycling der Altbatterien noch eine Reihe umwelttechnischer Herausforderungen zu bewältigen.

Dennoch hat das E-Auto bereits jetzt eine um einiges bessere Öko-Bilanz als Benziner oder Diesel. Und im Zuge der fortschreitenden Automatisierung bis hin zum autonomen Fahren wird ihm eine große Bedeutung zugemessen.

Solar – mit gespeicherter Sonnenenergie autark unterwegs

Eine charmante Lösung ist das rein durch Sonnenenergie angetriebene Autos. Doch noch ist das visionär. Denn der Wirkungsgrad der Solarzellen ist noch nicht groß genug, um nicht etwa auf halber Strecke liegenzubleiben. Mittlerweile gibt es in der Entwicklung jedoch funktionierende Konzepte, die die Sonnenenergie nur als zusätzliche Energie vorsehen – mit in die gesamte Karosserie integrierten Solarzellen. Schon bald sollen sie in Serie gehen.

Das dahinterliegende Prinzip ist das der Photovoltaikanlagen auf Freiflächen oder Häusern: Die Solarzellen wandeln das Sonnenlicht in elektrischen Strom um. Dieser betreibt den Elektromotor des Autos oder speichert die Energie in Batterien. So könnten wir zukünftig auch dann mit dem Solar-Auto reisen, wenn die Sonne nicht scheint. Das macht autark: Ich muss nicht mehr nach Tankstellen Ausschau halten.

Wasserstoff – mit Brennstoffzelle null Emissionen und große Reichweite

Als besonders aussichtsreich für eine ökologisch verantwortliche Verkehrszukunft gelten auch Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellen-Autos. Ihre einzige Emission ist Wasser. Der Antrieb ist wie bei einem E-Auto elektrisch. Um die Energie für den Elektromotor herzustellen, ist hier aber statt einer Batterie eine Brennstoffzelle im Einsatz. Diese wird über Wasserstoff gespeist, der an der Tankstelle getankt und beim Fahren in Strom umgewandelt wird. Auch die Bordelektronik wird über die Brennstoffzelle mit Strom versorgt.

Wasserstoff (H₂) ist zwar das häufigste Element im Universum, aber es ist kein natürliches Element. Seine Herstellung ist nur mit Energie möglich. Um umweltschonenden grünen Wasserstoff herzustellen, geschieht das über Energiequellen wie Wind oder Sonne. Die H₂-Produktion für eine breite Nutzung im Verkehr benötigt jedoch offenbar so viel regenerativen Strom, dass das Potenzial in Deutschland dafür momentan nicht auszureichen scheint. Auch in technischer Hinsicht hapert es noch hier und da. Denn damit so ein Wasserstoff-Auto vielfältig genutzt werden kann, müssten die Brennstoffzellen nicht nur leichter und langlebiger, sondern auch günstiger werden.

Erste serienreife Modelle gibt es bereits. Prinzipiell sind Brennstoffzellen-Autos alltagstauglich. Denn sie lassen sich einfach an der Tankstelle mit Wasserstoff auftanken und haben keine Probleme mit Reichweite oder längeren Wartezeiten beim Tanken. Noch gibt es allerdings wenige Wasserstofftankstellen in Deutschland.

Bio-Fuels/Bio-Sprit: Kraftstoffe aus Biomasse für Benziner und Diesel

Auch mit Bio-Fuels verbinden sich große Hoffnungen. Denn mit nachhaltig aus Biomasse gewonnenen Kraftstoffen wie Bioethanol und Biodiesel ließen sich kurzfristig Millionen der derzeit im Umlauf befindlichen Benziner oder Diesel ohne große technische Anpassungen in Fortbewegungsmittel mit sehr viel besserer CO₂-Bilanz umwandeln. In manchen Ländern geschieht das bereits. Doch auch hierbei gibt es einige Nachteile.

Bioethanol und Biodiesel sind flüssig und stoßen bei der Verbrennung sehr viel weniger Emissionen in Form von CO₂ oder Schwefeldioxiden aus als herkömmliches Benzin oder Diesel. Bei beiden gibt es aber das Problem, dass Anbau, Düngung und Ernte der jeweils für die Produktion verwendeten Pflanzen viel Energie benötigen und CO₂- und Schadstoffemissionen verursachen. In der Diskussion steht der Anbau auch aus anderen Gründen: Zum einen handelt es sich um nicht nachhaltige Monokulturen, zum anderen lassen sich die hierfür genutzten landwirtschaftlichen Anbauflächen ja nicht mehr für den Anbau von Nahrung nutzen. Letztere Probleme entfallen jedoch bei Biokraftstoffen der jüngsten Generation, die Stroh oder Holzspäne als Biomasse nutzen. 

Bioethanol wird durch alkoholische Gärung von Getreide, wie Weizen oder Roggen, oder von Kartoffeln, Zuckerrüben und Stroh gewonnen. Bioethanol und herkömmliches Benzin werden in unterschiedlichen Mischformen angeboten. Üblich ist die Mischung E85, die zu 85 Prozent aus Bioethanol und zu 15 Prozent aus herkömmlichem Benzin besteht. Die reine Form läuft unter der Bezeichnung E100, ist aber nur in speziellen Motoren einsetzbar. Biodiesel wird aus pflanzlichen Ölen und Fetten gewonnen. Als Basis dafür dienen meist in Europa Raps, in den USA Soja, in Asien Palmen. Diese Öle werden mittels Methanol in Biodiesel umgewandelt.

Bio-Gas/Bio-CNG

Bio-Gas, auch Bio-Erdgas oder Bio-CNG (Compressed Natural Gas) genannt, ist ein brennbares Bioerdgas. Es wird aus nachwachsenden Rohstoffen und organischen Abfällen hergestellt. Rund die Hälfte der eingesetzten Substrate sind dabei Rest- und Abfallstoffe, darunter Gülle, Stroh und andere Ernterückstände, Landschaftspflegematerial oder Bioabfall. In den Biogasanlagen werden all diese Einsatzstoffe so vergoren, dass das Biogas einen Methananteil von mindestens 96 Prozent erhält. Die Nachteile sind vergleichbar mit denen der Bio-Kraftstoffe.

Nachschub- oder Reichweitenprobleme gibt es mit Bio-Gas nicht. CNG-Autos können es bereits heute an den meisten Erdgas-Tankstellen als Beimischung und bei manchen auch zu 100 Prozent tanken. Doch die Anwendungsbereiche für Bio-Gas scheinen zukünftig nicht mehr im Pkw-Bereich zu liegen. Fast alle Automobilhersteller haben mittlerweile die Weiterentwicklung gasbetriebener Pkw-Modelle eingestellt. Prognosen sehen den zukünftigen Einsatz eher im Schwerlast-Bereich.

BIO-LPG 

Flüssiggas, auch Autogas oder LPG (Liquified Petroleum Gas) genannt, gibt es schon länger. Es ist ein Nebenprodukt der Erdgas- und Erdöl-Förderung und lässt sich unter anderem in umgerüsteten Benzinmotoren verbrennen, wobei bis zu 90 Prozent weniger CO₂-Emissionen entstehen als in herkömmlichen Benzinern oder Dieseln.

Mittlerweile wird dieser Kraftstoff auch als Bio-LPG oder synthetisches LPG hergestellt. Neben Industrieabfällen wie Fett oder Altöl werden dabei Raps, Soja, Nüsse und Palmen angepflanzt. Erste Versuche gibt es auch mit Algen oder Heu. 

E-Fuels – strombasierte Kraftstoffe: synthetischer Diesel, synthetisches Benzin und synthetisches Gas

Seit einigen Jahren arbeiten Forscher auch daran, Kraftstoffe wie Benzin, Diesel und Gas synthetisch herzustellen. E-Fuels, die über die Power-to-X-Technologie gewonnen werden, gelten dabei als eine weitere große Hoffnung, Verbrennungsmotoren klimaneutral betreiben zu können. Dabei handelt es sich um strombasierte Brennstoffe, die auf Wasser und Kohlenstoffdioxid als Basis setzen. 

Um synthetischen Diesel, synthetisches Benzin oder synthetisches Gas herzustellen, werden CO₂ und Wasser mithilfe strombasierter Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Dieser wird dann zu synthetischem Kraftstoff (E-Fuels) weiterverarbeitet. Wenn bei der Elektrolyse Strom aus erneuerbaren Quellen im Einsatz ist und das notwendige CO₂ aus der Atmosphäre bzw. aus Biomasse oder Industrieabgasen stammt, ist auch das Endprodukt klimaneutral. 

Bislang ist die Energiebilanz von E-Fuels aufgrund sehr hoher Wirkungsverluste vergleichsweise schlecht. Bis vor Kurzem war die Technologie auch noch im Forschungsstadium. Doch erst kürzlich haben erste Unternehmen die Massenproduktion angekündigt. 

In all diesen unterschiedlichen Antriebskonzepten liegt Potenzial für die Zukunft. Für den Verkehrssektor insgesamt zeichnet sich ab, dass ein technologieoffener Mix aus allen verfügbaren klimaneutralen Antriebstechnologien ein guter Weg wäre – zweckorientiert im Einsatz für Pkw, Lkw, Schiff oder Flugzeug. Momentan sieht es so aus, als läge die Zukunft von Bio- und E-Fuels eher im Lasten- und Schwerverkehr, während dem Pkw eine elektrische Zukunft prophezeit wird.   In weiteren Artikeln stellen wir alternative ressourcen- und umweltschonende Antriebe für den Transport mit Lkw, Schiff und Flugzeug vor und widmen uns autonomen Fahrzeugen.