Wie viele Leben hat die LIB? Wissenswertes zum Batterie-Recycling von E-Autos
von Miriam Buchmann
Die batteriebetriebene E-Mobilität gilt mittlerweile als solide und massentauglich. Mit dem Einsatz regenerativer Energien wird sie zu einer der klimafreundlichsten Alternativen der Fortbewegung. Bislang gibt es jedoch beim Thema Batterie-Recycling noch ein paar kritische Punkte zu lösen.
Grundsätzlich fordert das Batteriegesetz natürlich ein Recycling aller Batterien und Akkus. Damit lassen sich bis zu 90 Prozent der Materialien wiederverwenden. Da das Recycling jedoch aufwändig ist und Wissenschaft und Automobilebranche noch vor einige Herausforderungen stellt, arbeiten zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen derzeit an Konzepten, wie sich das Leben der Batterien von der Herstellung bis zur Entsorgung ökonomisch und ökologisch insgesamt sinnvoller gestalten lässt.
Der Lebenszyklus einer Batterie
Für den Antrieb von Elektroautos werden meist leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien (LIB) verbaut. Diese mobilen Energiespeicher, auch Traktionsbatterien genannt, lassen sich etwa acht bis zehn Jahre lang mobil nutzen. Ab dann verlieren sie nach und nach ihre Ladekapazität, womit auch die Reichweite der Fahrzeuge sinkt. Sobald die Leistungsfähigkeit unter 80 Prozent bleibt, raten Hersteller zu einem Austausch, da der Akku als verschlissen gilt.
„Zu diesem Zeitpunkt sind die Akkus in der Regel aber noch nicht defekt oder aufgebraucht“, sagt Emevo-Projektleiter Robert Grzesko, „zumindest rein rechnerisch haben sie erst rund ein Viertel ihrer Kapazität aufgebraucht. Die meisten Experten sind sich mittlerweile einig darin, dass es ökonomisch wie ökologisch sinnvoll ist, vor dem Recycling generell noch eine Phase einzuplanen, die man als Second Life des Akkus bezeichnet.“
Das zweite Leben der Batterie
Anstatt die Batterie also sofort zu recyceln, lässt sie sich, in einem zweiten Leben, in einem anderen Einsatzgebiet weiter effektiv nutzen − zehn bis zwölf, manchmal auch 20 Jahre. Dafür braucht sie nun aber etwas mehr Ruhe als im E-Auto mit seinen ständig wechselnden Phasen der Beschleunigung und Rekuperation. Als sinnvoll erweist sich die Weiterverwendung im stationären Betrieb. Die Möglichkeiten hierfür sind vielfältig: als stationäre Speicher in Photovoltaik-Anlagen, als Stromspeicher für den privaten Haushalt oder auch als Puffer für Energieerzeuger. Bundesweit gibt es bereits etliche Pilotprojekte für verschiedene Szenarien. Sogar ein drittes oder viertes Leben ist denkbar, bevor die Akkus gänzlich ausgedient haben.
Erst dann wäre es idealerweise an der Zeit, die Energiespeicher umfassend zu recyceln. Eine solche mehrjährige Weiterverwendung der Akkus hätte ganz nebenbei den Vorteil, das Recycling-Problem in eine fernere Zukunft zu verschieben, in der die gewünschten Technologien weiter ausgefeilt sind.
Unterschiedliche Akku-Typen verzögern automatisiertes Recycling
Eine Antriebsbatterie enthält wertvolle Rohstoffe wie Lithium, Mangan, Kobalt, Nickel und Graphit, die es durch Recycling rückzugewinnen gilt. Das ist auch strategisch relevant, unter anderem, weil wissenschaftliche Hochrechnungen zeigen, dass beispielsweise bis 2050 die weltweiten Reserven von Kobalt und Lithium knapp werden könnten.
Vor dem eigentlichen Recycling müssen die Akkus jedoch zunächst zerlegt werden, um die modular angeordneten Batteriezellen freizulegen. Dafür werden Komponenten wie Gehäuse, Kabel und Elektronik entfernt. Doch dabei gibt es ein Problem: Weil der Aufbau der Akkus sowie die Mengen der enthaltenen Rohstoffe je nach Hersteller und Typ variieren, muss die Demontage manuell erfolgen. Das ist zeitaufwändig und teuer.
Drei Verfahren des Batterie-Recyclings
Für das Recycling der eigentlichen Batteriemodule stehen drei unterschiedliche Verfahren zu Verfügung: Mechanisch lassen sich die einzelnen Bestandteile zerkleinern und die chemischen Rohstoffe voneinander separieren, thermisch lassen sich die Batterien einschmelzen, um Kobalt, Nickel und Kupfer zurückzugewinnen, und schließlich lassen sie sich schreddern und auf eine Weise trennen, die eine Rückführung von Aluminium und Kupfer in Reinform sowie von Anteilen an Graphit, Mangan, Nickel, Kobalt und Lithium ermöglicht.
Technisch gelingt das Recycling von Kupfer-, Nickel- und Kobaltverbindungen bereits, während es bei der Rückgewinnung von Lithium noch einigen Bedarf an Forschung und Entwicklung zu geben scheint. Und schließlich ist der gesamte Recycling-Prozess aufgrund der hohen Kosten und der noch mangelnden Effizienz derzeit ökonomisch noch nicht attraktiv.
Vernetzung und regulatorische Rahmenbedingungen
Studienergebnisse zeigen, dass nachhaltige Batterierecycling-Konzepte eine Automatisierung der einzelnen Prozessschritte erfordern. Sie legen nahe, dass Hersteller, Recycling-Unternehmen sowie die potenziellen Abnehmer der Recyclingprodukte sich vernetzen und auf ein einheitliches Batteriedesign verständigen. Derweil überarbeitet die EU die Richtlinien für das Batterie-Recycling, und 2021 wird in Deutschland eine Novelle des bestehenden Batteriegesetzes (BattG2) wirksam.
Doch auch, wenn die Zeit drängt: Der Großteil der Akkus wird noch geraume Zeit in den Fahrzeugen oder den neuen Second-Life-Szenarien im Einsatz sein. Erwartet wird, dass ausgediente Traktionsbatterien in wirklich großer Masse erstmals ab Ende der 2020er ins Recycling gehen. Zumindest dann, wenn die Rückrufaktionen von Autoherstellern wegen Problemen mit verbauten Batterien sinken, denn diese landen derzeit vorzeitig auf dem Müll.
Fazit
Doch was bedeutet dies für den Einzelnen? „Auch wenn noch einige Herausforderungen beim Recycling der Akkus zu meistern sind, bedeutet das nicht, dass es sich nicht lohnt, schon jetzt auf E-Mobilität umzusteigen“, sagt Robert Grzesko. „Ganz im Gegenteil. Gute ökologische Gründe dafür gibt es sowieso genügend. Doch auch die niedrigen Betriebs- und Wartungskosten sowie die Förderung vom Staat über Kaufprämie und Steuervorteile sprechen dafür. Und schließlich: Je mehr Menschen mit E-Autos unterwegs sind, desto schneller wird aufgrund der Masse auch das Batterie-Recycling wirtschaftlich attraktiv für die Entsorger – womit sich die beschriebenen Herausforderungen schneller lösen lassen.“
Wenn Sie weitere Fragen zum Thema haben, können Sie gern direkt mit uns Kontakt aufnehmen. Wir beraten Sie gern.
Veranstaltungshinweis: Zum Thema „Batterierecycling von E-Fahrzeugen“ findet am 24. Mai 2022 eine Online-Infoveranstaltung statt. Mehr Infos hier.
Stand: 10.05.2021